Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man auch noch nach seinen Kindesjahren von einem Leistungssport in den anderen wechseln, und weiterhin Erfolge feiern kann.
Meine sportliche Karriere begann mit acht Jahren in Strasskleidern und hohen Pumps. Training und Privatstunden standen nach der Schule auf dem Programm. Als Jugendlicher erhöhte sich das Pensum, und meine Freizeit fand auch im Urlaub ausschließlich im Trainingsaal statt. Während andere Geburtstage feierten, am Wochenende zur Ostsee fuhren oder spontan nach der Schule in unserer Spielstraße Pläne schmiedeten, war ich mit meinem Tanzpartner unterwegs zum nächsten Training oder zum Turnier. Das alles klingt nach Drill, aber ich bin unglaublich dankbar für diese Zeit. Ich war gerne Tänzerin und fühlte mich in dieser wunderschönen Glitzerwelt zuhause. In all den Jahren habe ich viel gelernt, was mir erst später bewusst wurde. Viel auf menschlicher Ebene, viel Disziplin und noch mehr Willensstärke. Vom Körpergefühl ganz zu schweigen.
Mit 18 Jahren führte mein Weg in eine andere Richtung. Ganz langsam begeisterte ich mich für den Individualsport. Ich meldete mich im Fitnessstudio an und konzentrierte mich nur auf meine eigene Leistung. Wie bei so vielen Frauen widmete auch ich dem Cardiotraining mein Hauptfokus. 90min Dauerlauf? Kein Problem. Ganzkörpertraining an Maschinen und mit kleinen freien Gewichten führte ich ebenfalls aus. Meine Trainingspläne schrieb ich mir damals schon alleine. Nachdem ich Nico kennengelernt habe, führte mich mein Weg immer mehr in den Freihantelbereich. Bereits ab Tag 1 trainierten wir zusammen. Niemand von uns fing auf einmal an Powerlifter zu sein, wir sind in die gleiche Richtung gewachsen. Ich brachte eine gute Grundkraft mit, eine solide Körperansteuerung, Koordination und Grundstabilität. Alles, was ich durch meinen Sport in der Kindheit lernen durfte. Schnell waren die Langhantel und ich eins. Ich bemerkte mit zunehmendem Training, dass mir der Kraftsport unheimlich viel zurück gibt. Den ganzen Effort, den ich in mein Training stecke, bekomme ich in Form von Kraftsteigerung oder Aussehen wieder zurück. Grenzen austesten, neue Personal Records aufstellen, Limits überschreiten – DAS ist meine Passion. Seine eigene Leistung von Woche zu Woche, Monat zu Monat und Jahr zu Jahr zu schlagen. Die erste Deutsche Meisterschaft bestritt ich 2016 nach einem Jahr gezieltem Training und fünf Jahre später führe ich die nationale Rangliste aller Powerlifting-Athleten (m/w) relativ an. International Platz 7 aller Frauen in meiner Gewichtsklasse. Heute, 2024 darf ich mein erfolgreichstes Powerliftingjahr verzeichnen. Ich habe mir den All time World Record in der -75kg Klasse mit 291.5kg Kreuzheben erkämpft und stieg mit 683 Dots auf Rang 6 worldwide und klassenübergreifend auf. Außerdem durfte ich beim Arnolds Sports Festival in Columbus auf Einladung hin im Animal Cage liften. Was will man mehr!
Es ist nie zu spät den Weg zu gehen, den man sich erträumt. Große Veränderungen können große Chancen sein. Ich habe nicht nur sportlich, sondern auch optisch eine starke Verwandlung gemacht. Von einer 50kg-Tänzerin zu einer 80kg-Kraftsportlerin. Wenn man wirklich will, muss man nur Prioritäten setzen und bereit sein dementsprechend auch Opfer zu bringen. Hier denke ich besonders an viel Freizeit, Sozialleben, Party- und Nachtleben, und unbewusste Ernährungsweise. Diese Faktoren bedeuten für viele Leben und das ist auch okay so. Meine Prioritäten liegen allerdings im Sport. Und das wird so lange der Fall sein, solange wie es mich glücklich macht!